
Bundesarbeitsgericht stärkt Anspruch auf gleichen Lohn für Frauen

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt hat den Anspruch von Frauen auf gleichen Lohn gestärkt. Nach einem am Donnerstag verkündeten Urteil müssen Frauen in einem ersten Schritt einen vergleichbaren Kollegen benennen, der mehr verdient. Kann der Arbeitgeber die Lohndifferenz nicht sachlich begründen, steht ihnen der gleiche Lohn zu. (Az. 8 AZR 300/24)
Die von der Gesellschaft für Freiheitsrechte unterstützte Klägerin ist Abteilungsleiterin bei Daimler Trucks. Zwischen 2010 und 2018 war sie mehrfach in Mutterschutz und Elternzeit. Danach arbeitete sie bis 2022 durchgehend auf einer halben Stelle und verdiente weniger als früher. Umgerechnet auf eine volle Stelle lag ihre aus mehreren Bausteinen zusammengesetzte Vergütung unterhalb des mittleren Werts (Median) der vergleichbaren Kollegen, aber auch unterhalb dem der vergleichbaren Kolleginnen.
Durch alle Instanzen bestätigten die Gerichte, dass eine diskriminierende Vergütung zu vermuten ist. Umstritten war daher vor allem, wie hoch der Zuschlag für die Abteilungsleiterin ausfallen soll.
Das Arbeitsgericht Stuttgart sprach ihr den Median der männlichen Vergleichsgruppe zu. Das ist die Vergütung, bei der eine Hälfte der vergleichbaren Männer mehr und die andere Hälfte weniger verdient. Nach dem Entgelttransparenzgesetz müssen Arbeitgeber in größeren Betrieben Frauen diesen Median auf Anfrage mitteilen. Die Abteilungsleiterin machte allerdings geltend, dass sich Frauen nach dieser Methode mit dem männlichen Mittelmaß begnügen müssten und keine Chance hätten, zu den männlichen Spitzenverdienern aufzuschließen.
In der zweiten Instanz ging das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg davon aus, dass nur ein Teil der vergleichsweise schlechten Bezahlung auf Frauendiskriminierung zurückgeht - weil die Klägerin nicht nur weniger als die meisten Männer, sondern auch weniger als die meisten vergleichbaren Frauen verdiente. Das LAG sprach der Klägerin daher eine Vergütungserhöhung im Umfang der Differenz zwischen den Medianentgelten der männlichen und der weiblichen Vergleichsgruppe zu.
Sie selbst dagegen zog als Vergleich die Vergütung eines Kollegen heran, der auch in der männlichen Vergleichsgruppe zu den Spitzenverdienern zählte. Diesen Maßstab bestätigte nun in oberster Instanz das BAG.
"Für die Vermutung einer Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts genügt es, wenn die klagende Arbeitnehmerin darlegt und im Bestreitensfall beweist, dass ihr Arbeitgeber einem anderen Kollegen, der gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichtet, ein höheres Entgelt zahlt", urteilten die Erfurter Richter. Es sei dann Sache des Arbeitgebers, sachliche Gründe für die Ungleichbehandlung darzulegen.
Nach dem hier maßgeblichen EU-Recht seien dagegen die Größe der männlichen Vergleichsgruppe und die Höhe der Medianentgelte ohne Bedeutung. Auch eine überwiegende Wahrscheinlichkeit einer geschlechtsbedingten Benachteiligung müssten Frauen nicht nachweisen.
Im konkreten Fall habe die Abteilungsleiterin "hinreichende Tatsachen vorgetragen, die eine geschlechtsbedingte Entgeltbenachteiligung vermuten lassen". Das BAG verwies den Streit aber an das Landesarbeitsgericht zurück. Dort soll Daimler Trucks nochmals Gelegenheit bekommen, die unterschiedliche Vergütung zu begründen. Gründe können etwa die Ausbildung oder die Berufserfahrung sein, auf Abteilungsleiterebene gegebenenfalls auch die Größe der Abteilung oder deren Erfolg.
M.Dodaro--INP