
Grüne und Linke kritisieren geplante Bürgergeld-Streichung für Jobverweigerer

Die von der schwarz-roten Koalition geplante Komplett-Streichung des Bürgergelds für Jobverweigerer ist bei Grünen und Linken auf scharfe Kritik gestoßen. Grünen-Chef Felix Banaszak warf der Bundesregierung am Donnerstag eine Politik "sozialer Kälte" vor. Linken-Chefin Ines Schwerdtner sprach von "Sündenbock-Politik". Harsche Kritik an den Plänen der Regierung kam auch von der Arbeiterwohlfahrt und vom Kinderhilfswerk.
Die Spitzen von Union und SPD hatten sich beim Koalitionsgipfel in der Nacht auf Donnerstag unter anderem auf schärfere Sanktionen beim Arbeitslosengeld geeinigt. Beim bisherigen Bürgergeld sollen die Leistungen nach dem dritten versäumten Termin im Jobcenter vollständig gestrichen werden, wie Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sagte. Beim zweiten versäumten Termin werde es eine sofortige Kürzung von 30 Prozent geben.
Grünen-Chef Banaszak warf der Regierung daraufhin "Realitätsverlust" vor. "Was hier vorgelegt wurde, ist wirklich harter Tobak", sagte Banaszak den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. "Dieser Vorschlag ist keine Reform – er ist ein Schlag ins Gesicht all derjenigen, die ohnehin schon jeden Tag kämpfen. Wer Menschen drohe, jede Unterstützung zu entziehen, weil sie Termine verpassten, habe "jedes Gefühl für Realität verloren".
Banaszak betonte, ein System, das Menschen unter Druck setze, statt ihnen zu helfen, zerstöre Vertrauen. "Das ist keine Grundsicherung, das ist Grundmisstrauen", sagte er. Dieses Konzept mache "den Sozialstaat härter, aber nicht gerechter". Er finde es "verstörend, dass die SPD-Spitze zu diesem Programm sozialer Kälte ihre Zustimmung gibt. Offensichtlich hat sich die Sozialdemokratie der Union vollkommen ausgeliefert."
Linken-Chefin Schwerdtner warf der Koalition vor, Politik auf Kosten der Schwächsten zu betreiben. "Bevor man bei den Ärmsten spart, sollte die Regierung besser nach oben gucken und schauen, welche starken Schultern mehr tragen können", sagte Schwerdtner der "Rheinischen Post".
"Viele der Bürgergeldbezieher würden lieber heute als morgen arbeiten, jedoch können sie oft nicht, weil sie keine Kita für ihre Kinder finden oder Qualifikationen und Deutschkenntnisse nicht ausreichend sind", sagte Schwerdtner weiter. Sie sprach von "ekelhafter Sündenbock-Politik auf Kosten der Ärmsten".
Auf Kritik stieß die Einigung auch bei Sozialverbänden. "Es kann nicht wahr sein, dass der Bundesregierung angesichts all der Krisen, die wir erleben, nichts Besseres einfällt, als schon wieder am Sozialstaat zu sägen", erklärte Arbeiterwohlfahrt-Präsident Michael Groß. "Millionen von Familien" würden durch die Pläne bestraft. "In krisenhaften Zeiten muss Zusammenhalt organisiert werden - dafür wären Investitionen in Arbeitsmarktintegration, gute Betreuung und Pflege der richtige Weg."
Das Kinderhilfswerk warnte vor Sanktionen für Familien mit Kindern. Es dürfe "keine Mithaftung von Kindern für ihre Eltern geben", erklärte Bundesgeschäftsführer Holger Hofmann. "Jede Kürzung ist eine ungerechtfertigte, außergewöhnliche Härte für die Kinder und verstößt gegen das in der UN-Kinderrechtskonvention normierte Recht auf soziale Sicherheit und angemessene Lebensbedingungen." Je länger Kinder in Armut aufwachsen müssten und unter Teilhabe- und Bildungsverlusten litten, "desto weitreichender sind die Langzeitfolgen für ihre Entwicklung und beruflichen Perspektiven", betonte Hofmann.
O.R.Lucchese--INP