
BGH-Urteil: Ex-VW-Chef Martin Winterkorn droht höhere private Haftung

Der frühere VW-Chef Martin Winterkorn und der frühere Chef der VW-Tochter Audi, Rupert Stadler, müssen nun doch noch mit einer weitergehenden privaten Haftung für den VW-Dieselskandal rechnen. Laut einem am Dienstag verkündeten Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe kommen auf die Manager-Haftpflichtversicherung des VW-Konzerns zudem wohl höhere Forderungen zu. Die Zustimmung der Aktionärsversammlung zu entsprechenden Haftungsvergleichen hob der BGH teilweise auf. (Az. II ZR 154/23)
Der VW-Konzern war bei internen Untersuchungen zu dem 2015 bekannt gewordenen Dieselskandal zu dem Ergebnis gekommen, dass die beiden Manager Winterkorn und Stadler ihre Sorgfaltspflichten fahrlässig verletzt hatten. Im Juli 2021 billigte die Hauptversammlung mit großer Mehrheit Haftungsvergleiche mit ihnen sowie mit einer vom Konzern für seine Führungskräfte abgeschlossenen Haftpflichtversicherung. Winterkorn sollte demnach 11,2 Millionen Euro selbst zahlen und Stadler 4,1 Millionen Euro, die Versicherung weitere rund 270 Millionen Euro.
Auf die Klage von Aktionärsvereinigungen erklärte der BGH die notwendige Zustimmung der Aktionärsversammlung zu dem Vergleich mit der Vermögensschadenhaftpflichtversicherung nun für komplett nichtig. Aus der Tagesordnung für die Hauptversammlung sei nicht hervorgegangen, dass der über die 270 Millionen Euro hinausgehende Verzicht des VW-Konzerns gegenüber ihrer Versicherung sich auf sämtliche amtierende und ausgeschiedene Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder beziehen sollte. Erläuterungen in einem Vorstandsbericht reichten nicht aus.
Bei Winterkorn und Stadler soll das Oberlandesgericht (OLG) Celle nochmals prüfen, ob der Vorstand bei der Hauptversammlung dem Fragerecht der Aktionäre ausreichend nachgekommen ist. Konkret geht es um eine Frage nach der finanziellen Leistungsfähigkeit der Manager. Der Vorstand hatte hierzu erklärt, diese würde nicht annähernd ausreichen, um die gegen sie gerichteten Haftungsforderungen zu begleichen.
Konkrete Auskunft bekamen die Aktionäre aber nur hinsichtlich der Einkünfte, nicht aber zu den Vermögen der Manager. Das OLG soll daher prüfen, ob die Aktionäre damit, gegebenenfalls in Verbindung mit weiteren Auskünften und Unterlagen, die finanzielle Leistungsfähigkeit von Winterkorn und Stadler ausreichend beurteilen konnten.
Der Dieselskandal war im September 2015 bekannt geworden. VW räumte damals ein, bei bestimmten Dieselmotoren der Marken Volkswagen, Seat, Audi und Skoda eine Software verbaut zu haben, die den Ausstoß von Stickoxid auf dem Prüfstand senkte, nicht aber im Straßenverkehr. Weltweit waren nach Konzernangaben elf Millionen Autos betroffen. Bis zum Zeitpunkt der Hauptversammlung 2021 waren dem Konzern wegen des Skandals Kosten von etwa 32 Milliarden Euro entstanden.
Stadler war im Juni 2023 wegen Betrugs zu einer Bewährungsstrafe und zur Zahlung von 1,1 Millionen Euro verurteilt worden. Dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Auch hierüber soll noch der BGH entscheiden.
A.Foglio--INP