
Pakistan setzt Ausweisungen afghanischer Flüchtlinge trotz UN-Appell fort

Ungeachtet des verheerenden Erdbebens in Afghanistan vor wenigen Tagen hat Pakistan einen Appell der UNO zum Umgang mit Flüchtlingen aus dem Nachbarland zurückgewiesen. "Alle Menschen ohne Papiere sollten gehen", sagte der pakistanische Außenamtssprecher Shafqat Ali Khan am Freitag vor Journalisten in Islamabad. "Es ist unser Hoheitsgebiet, wir entscheiden, wer bleibt", fügte er hinzu.
Tausende als Flüchtlinge in Pakistan registrierte Afghanen wurden in den vergangenen Tagen über die Grenze in das Nachbarland zurückgeschickt - obwohl ein schweres Beben am Sonntag den Osten Afghanistans erschüttert hatte.
Das Beben der Stärke 6,0 hatte sich am späten Sonntagabend in der Nähe der Großstadt Dschalalabad ereignet. Seitdem wurden mehr als 2200 Tote und fast 4000 Verletzte gezählt. Rund 7000 Häuser wurden zerstört. Es handelt sich um eines der verheerendsten Erdbeben in der Geschichte des Landes.
Laut dem Leiter des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR, Filippo Grandi, sind mehr als 500.000 Menschen von dem Erdbeben betroffen. "Angesichts der Umstände appelliere ich an die (Regierung Pakistans), die Umsetzung des Plans zur Rückführung illegaler Ausländer auszusetzen", erklärte Grandi.
Pakistan hat seit mehr als 40 Jahren Menschen aus Afghanistan aufgenommen, die vor Gewalt und humanitären Krisen geflohen sind - von der sowjetischen Invasion 1979 bis zur Machtübernahme durch die radikalislamischen Taliban im Jahr 2021.
Unter Berufung auf eine Zunahme gewalttätiger Angriffe hat die pakistanische Regierung 2023 eine massenhafte Rückführung von Afghanen gestartet, die sie als "Terroristen und Kriminelle" abstempelt. Seitdem wurden nach Angaben der Vereinten Nationen mehr als 1,2 Millionen afghanische Staatsangehörige aus Pakistan zur Rückkehr gezwungen, darunter allein in diesem Jahr mehr als 443.000.
Zuletzt richteten sich die Razzien in Pakistan gegen rund 1,3 Millionen vom UNHCR als Flüchtlinge registrierte Menschen. Islamabad hatte für eine freiwillige Ausreise eine Frist bis zum ersten September gesetzt. Andernfalls drohten Festnahmen und Abschiebungen.
Auch Afghanen mit deutscher Aufnahmezusage, die teilweise seit bis zu drei Jahren in der pakistanischen Hauptstadt auf ihre Ausreiseerlaubnis warteten, sind von den Razzien betroffen: Am Dienstag wandten sich mehr als 200 nach Afghanistan rückgeführte Menschen in einem offenen Brief an die Bundesregierung.
Sie waren bei einer Razzia Mitte August in von der Bundesregierung angemieteten Gästehäusern in Islamabad festgenommen worden. Laut der "FAZ" dringen die pakistanischen Behörden darauf, dass die übrigen gut 2000 Menschen mit deutscher Aufnahmezusage Islamabad verlassen und bis zu ihrer Ausreise nach Deutschland in anderen Städten untergebracht werden.
M.Dodaro--INP